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Editorial Board


Die untere Donau während der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit1


Radu HARHOIU


Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur


Das Gebiet der unteren und auch des mittleren Donauraumes liegt im extrem dynamischen Spannungsfeld der Beziehungen zwischen der römischen und barbarischen Welt, ein Umstand der nicht unbedeutend das so vielseitige archäologische Bildes dieser Räume geprägt hat. Dieser locus communis wird oft verkannt. Anschauliches Beispiel dafür ist der rezent erschienene zweite Band der "Geschichte der Rumänen"( Protase, Suceveanu 2002).

Östlich der Karpaten, in der Moldau und Großen Walachei, kann man schon während der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts mit der "Erweiterung des 2. Expansionsraumes der Černjachov-Kultur"( Bierbrauer 1994, 124) nach Westen rechnen, ein Vorgang der in der Kristallisation der Sîntana de Mureş-Kultur (im weiteren SMK) seine archäologische Ausdrucksform gefunden hat. Der bei Izlaz in die Donau mündete Olt, hat fortwährend die westliche Grenze dieses riesigen, nach Osten hin bis zum Dnjeprbecken reichendes Kulturgebietes gebildet. Westlich des Flußes, in der ehemaligen Dacia Inferior, konnten bislang Funde der SMK nicht belegt werden. (Abb. 1) (Petrescu 2002, mit Verbreitungskarten 1-3). Ein noch bei weitem nicht ausreichend gedeuteter Grund dieser, fast paradoxen Sachlage könnte der, auch nach der Preisgabe der Provinz Dakien, zwischen der Olt Mündung und bis zum Eisernen Tor, auch rechts der Donau funktionstüchtige spätrömische limes gewesen sein (Toropu 1976, 20 ff.).

Die enge Verwandtschaft der beiden Kulturgruppen wird von folgenden Kennzeichen ehellt: große birituelle Gräberfeldern, mit einem Übergewicht an Brandgräbern zu Anfang der Belegung, die aber, wie z. B. im Gräberfeld von Tîrgşor, bis am Ende der Belegung des Gräberfeldes identifizierbar sind (Niculescu 1993); waffenlose Männergräber, dann mit Tracht (1-3 Fibeln, meist Fibelpaare, Gürtelschnallen) und Schmuck beigesetzte Frauen, ferner die Beigabe von Kämmen und beinernen Nadelbüchsen; bestimmte Sachformen wie beim Schmuck achterförmige Bernsteinperlen und eimerförmige Berlocken, dann im symbolträchtigen, magischen Bereich Eisenkämme, verschiedene Amulette, darunter Donaramulette als prismatische Knochenanhänger, sowie eine Runneninschrift (Abb. 2) (Bierbrauer 1994, 124 f.).

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage der Beziehungen zu den älteren archäologischen Ausdrucksformen der freien Daker, der Karpen oder der Sarmaten, deren Ende irgendwann in die zweite Hälfte des 3. Jhs. zu setzen ist.

In der Moldau lassen sich die, durch vorherrschende Brand- (Urnen- oder Brandgrubengräber) und beschrenkte Körperbestattung von Kindern gekennzeichneten Gräberfeldern der Karpen von den Körperbestattungen der Sarmaten unterscheiden.

In den karpischen Gräbern wurden Ohrringe oder Anhänger mit reicher Filigranverzierung, Pixiden, dazu noch Nähnadeln, Messer, Schlüssel, und vieleicht in einer späteren Phase, eventuell um die Mitte des 3. Jahrhundert, auch Kämme (Poieneşti) beigelegt. In der Frauentracht und sehr selten in der Tracht der Männer dominiert die Einfibeltracht.

Eigenartige für die karpische Kultur (oder Poieneşti-Vârteşcoiu Kultur) ist weiter die qualitätsvolle scheibengedrehte graue feine oder auch rote Keramik in einem breiten Formenspektrum (Amphoren, schlanke Töpfe, unterschiedliche Kannenformen, Schalen und Fußschalen). In der handgearbeiteten Ware sind hohe, schlanke Töpfe, oft mit Fingerleistendekor, sowie Tassen und tassenartige Gefäße (`dakische Tasse`) charakteristisch (Abb. 3) (Bichir 1973).

Im Unterschied dazu kennzeichnet sich das zeitgleiche kulturelle Modell der freien Daker aus der Großen Walachei (die Chilia Militari Kultur), durch die ausschließliche Ausübung der Brandbestattung: Urnengräber und vor allem Brandgrubengräber, mit im allgemeinen ärmlichen Beigaben. Es fehlt weitaus der für die Karpen so typische filigranierte Schmuck. Deponiert wurden: Messer, Fibeln, Schnallen oder Spinnwirtel. Neben der handgearbeiteten Keramik, in der wieder die schlanken Töpfe, oft mit Fingerleistendekor, sowie Tassen und tassenartige Gefäße (`dakische Tasse`) kennzeichnend sind, wird feine scheibengedrehte Keramik in reicher Typenauswal und dazu noch, wahrscheinlich unter römischen Einfluß, eine graue, raue Tonware hergestellt. Der römische Import spielt eine schwerwiegende Rolle (Abb. 4) (Bichir 1984).

Stärker ausgeprägt als in der Moldau, wo die sarmatischen Grabfunde vornehmlich östlich vom Siret, in die Tiefebene ihr Verbreitungsareal haben, sind in der Großen Walachei die Verbreitungsgebiete der zwei zeitgleichen Kulturgruppenen: das dakische Modell in den westlichen Teilen und im Hügelland, das sarmatische Modell vornehmlich in der Tiefebene und in Donaunähe. Eine entscheidende Rolle scheinen hier nicht die Flüsse oder der Flußbecken, sondern die geomorphologischen Ausdrucksformen des Gebietes gespielt zu haben: die Hügellandschaft für das dakische, die Tiefebene für das sarmatische Kulturmodell (Abb. 5).

Von beiden dakischen Modellen unterscheidet sich das sarmatische Kulturmodell durch die exklussive Körperbestattung in meist kleinen Gräberfeldern, durch die Spiegelbeigabe bei der Frau und die Waffenbeigabe beim Mann. In der Frauentracht kommen Ohrringe und Armschmuck vor, dazu noch lange mehrfach umschlungene Perlenketten mit verschiedenartigen Amuletten im Gehänge, darunter Gehäuse von Purpur- und Porzellanschnecken oder auch Glöckchen (Abb. 6) (Bichir 1977).

Eines der spätesten bisher bekannten sarmatischen Gräbern, das in das dritte Viertel des 3. Jahrhunderts. datiert werden könnte, scheint das unveröffentlichte Grab 411 von Tîrgşor, mit D-förmige Fibel mit umgeschlagenem Fuß (Almgren 157) und Spiegel mit H-förmigem Tamga, zu sein (Niculescu 2003, 195).

Durch die Ausbreitung der SMK im Laufe der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts -hinweisend dafür C-2 zeitliche Funde aus dem Gräberfeld von Tîrgşor (Abb. 7): die Glasschale Eggers 216 aus dem Brandgrab 67, die Tonimitation einer Glasschale, Eggers 216, aus Grab 361, der Glasbecher vom Typ Werbkowice-Kotorów aus Grab 298 oder die Fibel mit trapezförmigem, umgeschlagenen Fuß aus Grab 147, die zusammen mit einem typischen Schildbuckel des Typs 7 der Waffengräber nach K. Godlowski geborgen wurde (Niculescu 1993, 201 ff.) - vereinheitlicht sich das Bild (Abb. 1) und das nicht im Sinne einer "Dakisierung" oder "Sarmatisierung" der SMK. Die zonalen, oben erwähnten Eigenarten, entziehen sich dem archäologischen Nachweis und scheinen das Kulturmodell der SMK nicht wesentlich zu beeinflußen. Es ist also schwierig beim gegenwärtigen Forschungsstand zu beurteilen, in welchem Maß der ältere Horizont im Bereich der Denkmälern der SMK faßbar ist.

Ob die umfangreichen Geschirrsätze für Trank und Speisebeigabe (Abb. 8) Hinweise des "Mit- und Nebeneinanders mit den romanisierten Geto-Dakern und Karpen darstellen und weitgehend dem einheimischen Markt entnommen sein sollen"( Bierbrauer 1994, 126 f.), ist möglich. Das dabei auch mit bedeutenden Einflüssen des Reiches zu rechnen ist, muß immer wieder im Vordergrund gerückt werden.

Eng mit der Frage der (gotischen) kulturellen Vereinheitlichung der archäologischen Darstellungsformen des nördlichen Beckens der unteren Donau, hängt auch die Frage der ethnischen Bedeutung der handgearbeiteten Keramik und vor allem der oft erwähnten, als (dakischer) ethnischer „Stempel“, betrachteten dakischen Tassen. Das betrifft die Anwesenheit der „dakischen" Keramik in Siedlungen, wie z. B. in der Kammwerkstattsiedlung von Bîrlad-Valea Seacă in der Moldau (Abb. 9/ B, 1-6, 8-12, 16-17, 19) ( Palade 1980; ders. 1981), oder auch in Gräberfeldern, wie z.B. im Grab 96 aus Tîrgşor, wo der nord-südlich bestatteten Frau, am Kopf eine dakische Tasse beigelegt wurde (Abb.10/ 1) (Diaconu 1963, 58, 239 Taf. 89). Solche Fälle scheinen Zeichen des Akkulturationsvorgang des älteren Horizontes zu sein. Also nicht dakisierte Westgoten sondern höchstens gotisierte "freie Daker" (Bierbrauer 1999, 231).

Im Sinne eines Akkulturationsvorganges kann auch der von Gh. Al. Niculescu herausgearbeitete Befund von Tîrgşor zu sprechen. Die ersten SMK-Gräber befinden sich in Nähe der sarmatischen Gräber, jedoch nie in deren Areal, als ob diejenigen, die diese ersten Brandgräber angelegt haben, vom Bestehen der sarmatischen Gräber bewußt gewesen waren. Im Sinne einer kulturellen Änderung spricht eben die Verbreitung der SMK-Gräber mit sarmatischen Merkmalen: Skelette mit angenäherten Füßen, Messer in Trachtposition, kegelstumpfförmige Spinnwirtel, bronzenes Glöckchen, handgearbeitete, typisch “sarmatische” Keramik, Ohrringe, Perlen im Bereich des Beckens, Schnallen im Bereich der Füße u.a.m., die weitgehend im westlichen Teil des Gräberfeldes fehlen (Abb. 11) (Niculescu 2003, 197, Abb. 9).

Das nördliche Donauufer, östlich der Oltmündung wurde somit gotisch, die aus den Quellen bekannte ripa Gothica (Anonymus Valesianus 35; 11; siehe auch Wolfram 1979, 64f.). Die Donau hat hier aber nicht nur trennend sondern auch verbindend gewirkt. Beigetragen haben dabei sowohl die unter Constantinus nördlich des Stromes unternommenen militärischen Maßnahmen, als auch die engen wirtschaftlichen Verbindungen mit dem Reich, die durch den Bau der Brücke von Oescus (Gigen)-Sucidava im Jahre 328 gefördert und durch den Foederatenvertrag mit den Westgoten aus dem Jahre 332 einen besonderen Aufschwung gekannt hatten (Schmauder 2002, 189 ff.). Anschaulich ist dafür unter anderem auch der silberne Münzstrom, der unter Constantius II seinen absoluten Höhepunkt erreicht hat (Harhoiu 1997, Taf. 112/ a). Diese elastische Trennungslinie wurde schon irgendwann in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts, als die Quellen von Unruhen in der gotischen Welt berichteten2 und dann durch Valens antigotischer Politik, immer rigider3. Der auf einem Schiff, bei Noviodunum, zwischen Valens der imperator romanorum und Athanarich der terwingische iudex pontetissimus, unterzeichnete Frieden, konnte nur zeitweilig die für das Reich ersehnte beschützende Abgrenzungslinie absichern. Doch blieb die untere Donau auch nach dem westgotischen Donauübergang weiterhin die Trennungslinie zwischen der barbarischen Welt und der spätantiken medtiterranen Hochkultur und das bis zum endgültigen Zusammenbruch des römisch-byzantinischen Verteidigungssystems am Anfang des 7. Jahrhunderts.

Im Unterschied zun unteren Donaugebiet kennzeichnet sich das Grabsittenbild des ausgehenden 3. und Anfang des 4. Jahrhunderts in Siebenbürgen, als Teil des mittleren Donaubeckens, durch eine besondere Mannigfaltigkeit aus. (Abb. 1). In ehemalig römischen Städten oder Siedlungen geborgene sekundär benützte Steinsarkophage oder Ziegelgräber, Körperbestattung, Gefäßbeigabe und vor allem Haarnadeln mit polyedrischem Endknopf und anderes mehr, sollen für einen Bestattungshorizont, bei K. Horedt: „Bestattungen städtischer Siedlungen”, für das ausgehende 3. und auch 4. Jahrhundert aussagekräftig sein (Horedt1982, 89 ff.).

Daneben kommen auch die von K. Horedt benannten “Bestattungen in ländlichen Siedlungen” mit vorherrschender Brandbestattung vor (Horedt1982, 96 ff.). Ihr Fortdauer bis irgendwann in das 4. Jh. kann theoretisch angenommen werden. Doch mahnt ein am häufigsten zitiertes Gräberfeld, das Brandgräberfeld 1 von Bratei, mit seinen überdimensionellen Gruben mit extrem reicher Scherbenbeigabe, darunter auch große Bruchstücke von Vorratsgefäßen und Deponierung von ungebrannten Tierteilen und vor allem bei Fehlen von Menschenknochen, zu extremer Vorsicht.

Auch wenn dieser Horizont mit Romanen in Verbindung gebracht werden könnte, ist seine chronologische Eingliederung auch in das 4. Jahrhundert noch nicht genügend einsichtsvoll, vor allem was die Dauer einer independenten Darstellungsform anbetrifft.

An verschiedenen Fundstellen (Şopteriu, Mediasch, Schäßburg) konnten dagegen birituelle Gräberfelder mit vorherrschenden Brandbestattungen (Erwachsene) und Körperbestattungen (Kinder) belegt werden, deren Beziehungen zur moldauischen“karpischen” Kultur offensichtlich sind. Eine Erklärung ihrer Anwesenheit in Siebenbürgen wäre die Krise und die Preisgabe der Provinz, dazu noch der Druck der SMK östlich der Karpaten (Horedt1982, 104 ff.).

Das Bestattungsbild des 4. Jahrhunderts ist aber dominiert von den Gräberfeldern der SMK, von denen die namengebende Nekropole von Sântana de Mureş auch heute noch, nach über 80 Jahren, mit ihren 77 Gräbern, die Bedeutendeste ist (Horedt1982, 110 ff.). Wie auch in der Moldau oder in der Walachei, aber auch in Bessarabien (Republik Moldawien) oder in der Ukraine sind Bestattungen in relativ großen Gräberfeldern, Körperbestattung und extrem selten Brandbestattung, Nord-Süd- aber auch West-Ost-Orientierung, reiche Gefäßbeigabe in großer Formvarietät, typische Tracht- und Schmuckstücke, Beigabe von Werkzeugen oder Ustensilien und Fehlen der Waffenbeigabe dafür kennzeichnend. Es scheint so, und das auch bei einem Vergleich mit dem ältesten Horizont von Tîrgşor, daß man in Siebenbürgen mit einer späteren Ausbreitung der SMK, also mi einer "verzögerten Landnahme"im Laufe der ersten Hälfte des 4. Jahrhundert rechnen darf (Schmauder 2002, 191). Wie ja auch östlich und südlich der Karpaten, hat auch hier ein kultureller Vereinheitlichungsvorgang stattgefunden. Es scheint so, als ob der Raum des nördlichen unteren Donaubeckens einen Teil des mittleren Donaubeckens (Siebenbürgen), trotz der corona montibus des Iordanes, einbeziehen versucht hat, ein, sowohl in der Vor- als auch in der Frühgeschichte äußerst selten vorkommender Vorgang (Abb. 1). Im letzten Viertel des 4. Jahrhunderts. scheint dieser Bestattungshorizont, sowohl in Siebenbürgen als auch östlich der Karpaten, abzuklingen. Hinweisend dafür sind die Fibel mit mit halbkreisförmiger Kopf- und rautenförmiger Fußplatte, Schnallen mit vollausgebildetem Schnallendorn und mit Beschlägplatte, dreigliedrige Kämme mit hochgezogener Griffplatte, Gläser mit Facetteverzierung (Bierbrauer 1994, 133f.), Sachtypen die auch in dem, im letzten Viertel des 4. Jh. deponierten Schatzfund mit solidi von Gratianus (375-383) von Valea Strâmbă/Tekeröpatak vorkommen (Székely 1945, 95-101.).

Durch das Abklingen der SMK, hat aber auch die gleichförmige kulturelle Darstellungsform in den innerhalb und außerhalb der Karpaten liegenden Räumen, also in Bereiche des unteren und mittleren Donaubeckens, für mehr als 1500 Jahre aufgehört, während die terwingischen Träger der SMK erst hundert Jahre später und nur nach der tolosanischen Episode und nur in Zentralkastilien und Septimanien archäologisch wieder greifbar werden (Ebel-Zepezauer 2000, 178).

Eng mit diesem Horizont, durch das Anlegen von Gräberfeldern, durch die Körperbestattung, durch die Gefäßbeigabe in verwandter typologischer Auswahl, oder durch ebenfalls verwandten Trachtstücken, aber verschieden durch die süd-nördliche Orientierung, durch bestimmte Sachtypen und vor allem durch die Waffenbeigabe, ist ein Bestattungshorizont der am besten in Nordostsiebenbürgen, in Fântânele “Rât” nachweibar ist (Marinescu, Gaiu 1989.). Beziehungen zu ähnlichen Ausdrucksformen aus dem oberen Theißgebiet oder zur Dobrodzien-Gruppe, sprechen für eine frühvölkerwanderungszeitliche, D-1 zeitliche Einordnung (Harhoiu 1997, 98, 105, 108, 151).

Die frühvölkerwanderungszeitliche Entwicklung im norddonauländischen rumänischen Raum erlaubt eine, räumlich, intensiv unterschiedlich päsente dreiteilige Stufengliederung (D1-D3), mit gleitenden Übergängen von der einen zur anderen Stufe: in der Stufe D1 (Ausgang des 4.-Anfang des 5. Jhs.) treten neben Elementen der S-M-K, neue, bislang unbekannten Kulturelementen auf. Sie entspricht auch der letzten Phase der spätrömischen Festungen an der unteren Donau. In Stufe D2 (erste Hälfte des 5. Jhs.) werden die reiternomadisch geprägten Fundverbände vorherrschend. Stufe D3 (zweite Hälfte des 5. Jhs.) ist durch das langsame Abklingen des reiternomadischen und das Auftreten des ostgermanischen Einschlages im Fundstoff gekennzeichnet, der dann eine führende Rolle in der kulturgeschichtlichen Entwicklung des Karpatenbeckens gespielt hat (Abb. 12).

Die D-1 Stufe, so wie sie oben definiert wurde, ist in der Moldau bislang nicht klar nachweisbar. Das Bild wird hier durch außergewöhnlich reiche, D-2 zeitliche, reiternomadische (hunnische) Fundkomplexe geprägt4. Beeindrucksvoll ist vor allem das Prunkgrab von Conceşti aus der oberen Moldau mit seinen im Verlauf des 4. Jahrhunderts in oströmischen Edelmetallwerkstätten hergestellten und als Raubgut oder Ehrengeschenke in das Gebiet nördlich der Donau angelangten Silbergefäße (lanx, situla, amphora) dazu noch ein spätrömischen Gardehelm. Die hohe soziale Stellung des Verstorbenen in seiner reiternomadischen Umwelt wird, neben den goldenen steinverzierten Zaumzeugbeschlägen, durch den mit einem getriebenen Goldblech überzogenen Holzsattel, durch das prunkvolle Schwert, von dem leider nur ein cloisonnierter Schwertscheidenbeschläg erhalten geblieben ist und vor allem durch den, als Kennzeichen der attilazeitlichen Oberschichtgräber zu betrachteten, Ösenhalsring greifbar (Harhoiu 1997, 172; ders. 1998.).

In der Großen Walachei scheint dieser, von östlichen, reiternomadischen (hunnischen) Elementen geprägte Horizont etwas später einzusetzen. Relevant für den Ausgang des 4. und den Anfang des 5. Jahrhunderts ist hier das Grab Nr. l des Gräberfeldes Ia von Pietroasa (Abb. 13/ B) (Diaconu 1986.). Der hier beigegebene Topf aus rauhem, grauem Ton veranschaulicht zusammen mit dem eisernen eimerförmigen Anhänger das Fortleben von S-M-K Traditionen. Bislang unbekannt waren die in Pietroasa gefundenen Silberblechfibeln mit halbkreisförmiger Kopf-und länglich rautenförmigem Fußplatte, die am Ende des 4. und zu Beginn des 5. Jahrhunderts sowohl im nordpontischen Raum als auch im mittleren Donaubecken getragen wurden. Die Donau scheint in diesen Zeiten der Übergänge, den süd-nordlichen Verbindungen offen gewesen zu sein. So konnte die Gotenfürstin Gaatha, unbekümmert irgendwann zwischen 383-393, die Gebeine der, unter Athanarich, den Märtyrertod erlittenen Stammesgenossen ins Reich überführen (Wolfram, 1979, 81, 90, 93, 110 f., 159, 416.).

Anders gestaltet sich das Bild in der Kleinen Walachei. Sowohl aufgrund des Fehlens der S-M-K in diesem Gebiet, als auch aufgrund der noch ungenügenden archäologischen Kenntnis des "Hinterlandes", bieten die an der kleinwalachischen Donau gelegenen spätrömischen Festungen von Hinova und Sucidava besonders wichtige Hinweise für die chronologische und kulturelle Einordnung des frühvölkerwanderungszeitlichen Materials. Der spätestens am Anfang des 5. Jahrhunderts datierbare spätrömische Horizont, wird hier durch kerbschnittverzierte Gürtelgarnituren, Zwiebelknopffibeln, Keller Typ 6 (Keller 1971, 34 Abb. 11/ 13), sowie durch facettierte Schildbuckel und ein reichhaltiges bronzenes Münzmaterial vom Beginn des 5. Jahrhunderts faßbar (Abb. 14/ 1-4, 9) (Harhoiu 1997, 150 f.). Spätestens nach dem ersten Jahrzehnt des 5. Jahrhunderts klingt hier der spätrömische Horizont ab; ein Vorgang, der auch durch die völlige Unterbrechung des bronzenen Münzverkehrs - nicht nur an der unteren Donau, sondern auch im ganzen, nördlich der Donau gelegenem Raum - zusätzlich unterstrichen wird (Harhoiu 1997, Taf. 114-115). Es sind eindeutige Hinweise für den Zusammenbruch des gesamten kleinwalachischen spätrömischen Verteidigungssystems, das erst unter Anastasius und dann unter Justinian wieder hergerichtet wurde.

Dieser Zeit gehört auch das erste Grab (?) von Coşovenii de Jos an. Die auf der Oberseite vergoldeten und in der für den Ausgang des 4. und ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts so kennzeichnenden Stempel- und Punzierungstechnik verzierte, silberne Riemenverteiler und axtförmigen Anhänger (Abb. 14/ 6-8), haben ihre nächsten Gegenstücke in einer ganzen Reihe von Funden, die von der unteren Donau bis nach Nordeuropa streuen (Harhoiu 1997, 172 f.).

Das Erscheinen von hunnischen Kesselbruchstücken und eines Bruchstückes eines Spiegels mit Zentralöse in der, durch bronzene Münzen des beginnenden 5. Jahrhunderts datierten Brandschicht aus der spätrömischen Festung von Sucidava (Abb. 14/ 10-13) und eines ähnlichen Kesselbruchstückes in einer zeitgleichen Schicht in der spätrömischen Festung von Hinova (Harhoiu 1997, 168f , 177), bilden archäologische Belege für die völlig neue politische Situation an der unteren Donau in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts. Im Unterschied zur terwingischen Episode, geriet das ganze nördliche Donaubecken in hunnischer Hand. Der gesamte Bereich, vom Eisernen Tor und bis zur Donaumündung gestaltete sich zu einer‚ ripa hunica’. Anschauliches Beispiel dafür ist die Gainasepisode. Als der terwingische Anführer nach seiner gescheiterten Revolte nördlich der Donau flüchten wollte, wurde er vom hunnischen Anführer Uldis gefangen genommen, enthauptet und sein Kopf nach Konstantinopel geschickt, wo die Sendung am 3. Januar 401 antraf (Wolfram 1979, 177 f.).

Gegossene Kupferkessel mit pilzförmigen Griffansätzen5 (Abb. 14/ 14), Diademe (Abb. 14/ 15) 6 oder Haubenzierstücke (Abb. 14/ 19) (aus dem großwalachischen Grabfund von Bălteni: Harhoiu 1997, 161) prägen das Bild des unteren Donauraumes während der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts und bilden zugleich eindrucksvolle Kennzeichen der D-2 Sufe der frühen Völkerwanderungszeit.

Allein stehend in seiner Prächtigkeit ist auch heute noch der Schatzfund von Pietroasa (Abb. 15) mit seinen aus verschiedenen Zeitstufen stammenden, ausschließlich goldenen Teile eines spätrömischen Tafelgeschirrs, bei dem sich die Servicebildung in Paaren erkennen läßt (Harhoiu 1997, 84 f.). Wohl dem 4. Jahrhundert gehört die große Platte (mit ihrem verschollenen Gegenstück) an (Abb. 15/ 9). Dem Ausgang des 4. Jahrhunderts muß die goldene stempel- und punzverzierte Kanne zugewiesen werden (Abb. 15/ 7). Die zwei (?) Paare von polygonalen Körbchen mit Leopardengriffen wurden in einer besonders aufwendigen polychromen Technik geschmückt, die für die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts kennzeichnend zu sein scheint. In einer spätrömischen Goldschmiedewerkstatt wurde die mit einem, der "Dea Mater" gewidmeten thiasos geschmückte patera hergestellt (Abb. 15/ 6). 7

Besonders bemerkenswert ist die kleine Fibel aus Pietroasa (Abb. 15/ 4), die, ähnlich der Onyxfibel aus dem (zweiten) Schatzfund von Szilágysomlyó/ Şimleul Silvaniei, die militärische Friedenstracht des spätrömischen Kaisers nachahmt. Imitatio von spätrömischen, aulischen Trachtgepflogenheiten lassen auch die zur Frauentracht gehörenden vogelförmigen Fibelpaare erkennen. Die zwei erhaltenen Ösenhalsringe und der eindrucksvolle Halskragen (Abb. 15/ 1), weisen gleichfalls auf die ranghöchste Stellung ihrer Träger im Rahmen der ostgermanischen, aufgrund der runnischen Inschrift eines der Ösenhalsringe (Abb. 15/ 2), wohl ostgotischen Sozialstruktur hin (Harhoiu 1997, 89 ff.).

Ähnlich wie in der Moldau, veranschaulichen auch die Fundverbände aus der Walachei, die besonders aufwendige Darstellungsweise der Oberschicht, wobei die niedrigen Schichten der Sozialstruktur im archäologischen Bild einen betont untergeordneten Platz einnehmen.

Im Unterschied dazu sind in Siebenbürgen kennzeichnende Funde der Stufe D2, also aus der fortgeschrittenen ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, besonders schwach vertreten. Die wenigen aus Zufallsfunden stammenden Trachtstücke8 zeigen nur, daß während der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts der Schauplatz der „großen Geschichte" außerhalb der Karpaten lag.

Dies wird auch durch den im gepidischen Siedlungsbereich zentralgelegenen Schatzfund von Szilágysomlyó/Şimleu Silvaniei, mit seinen einzigartigen, hochwertigen Erzeugnissen der Goldschmiedekunst der frühen Völkerwanderungszeit darstellenden Fundstücken deutlich9.

Während der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, eventuell bis um die Jahrhundertmitte, wurden die prächtigen steinverzierten Fibeln mit halbkreisförmiger Kopf- und rautenförmiger Fußplatte des (zweiten) Schatzfundes getragen. Gleichzeitig scheinen diese Fibeln, die aufgrund ihrer Größe kaum zu tragen waren und in dieser Hinsicht an die Fibeln der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts aus dem oberen Theißbecken erinnern, das immer stärker werdende Selbstbewußtsein des gepidischen Königshauses zu veranschaulichen (Harhoiu 1997, 93 ff.).

Die Deponierung des Schatzfundes, vieleicht am Vorabend der Nedaoschlacht (Harhoiu 1999-2001a; ders. 2001.), hat die Götter zur benevolentia bewogen. Das konnten die Zeitgenossen empfinden und die Nachwelt vollziehen, denn der Sieg der Gepiden in der Schlacht am Nedao (454) führte zum Zusammenbruch der hunnischen Macht und Herrschaft. und hatte besonders schwerwiegende Folgen für die politische Entwicklung im ganzen Karpatenbecken.

Außerhalb der Karpaten lassen sich nur noch wenige Fundverbände, vor allem aus der Moldau in die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts einordnen: so das das Fibelgrab von Roman (Abb. 16/ B) und besonders das um die zwanzig Gräber zählende Gräberfeld von Botoşani-Dealu Cărămidăriei (Abb. 16/ A) (Harhoiu 1997, 163 f,186.), dessen Belegung durch die Fibel vom Typ Levice-Prša, bis um die Mitte 5. Jahrhunderts andauerte, ohne daß sich der Zeitpunkt der Belegungsende genauer eingrenzen ließe und das vor allem wegen dem weitgehenden Fehlen der kennzeichnenden, im tiefen Kerbschnitt verzierten Leittypen der Stufe D3. Ob der Abbruch der Bestattung mit dem Rückzug von Völkerschaften aus dem Karpatenbecken in die Steppe zusammenhängt, kann nur vermutet werden.

Bescheiden ist auch das Bild der datierbaren Funde dieser Stufe in der Walachei. Neben wenigen, aus unklaren Fundumständen stammenden Funden10 (Abb. 16), kann eigentlich nur das kleinwalachische Kriegergrab von Bistreţ (Abb. 16/ F) und das prachtvolle, vergoldete silberne, um die Mitte des 5. Jhs. datierbare Fibelpaar (aus einem Grabfund( ?) von Sucidava (Celei) genannt werden (Abb. 16/ E) (Harhoiu 1997, 162, 169).

Der untere Donauraum scheint in die zweite Jahrhunderthälfte keine nennenswerte Rolle mehr gespielt zu haben. Der Rückzug der Attillasöhne Ernac und Dengizih irgendwo im Donaudelta, änderte kaum an dem desolaten Zustand. Der von Dengizih im Jahre 467 angeführteAufstand wurde niedergeschlagen, Dengisih gefangengenommen und hingerichtet und sein Kopf, gemäß den Zeitsitten, nach Konstantinopel geschickt. Das geschah im Jahre 469 als in der Kaiserhauptstadt die Konsularwürde von Zeno und Maurucius ausgeübt wurde (Marcell. Chron. ad ano 469). Damit hörte auch jedwelche politische Rolle der Hunnen an der unteren Donau auf.

In die zweite Hälfte des 5. Jahrhunderts verlagert sich dagegen das Schwergewicht der archäologischen Darstellungsformen explosionsartig und spektakulär im mittleren Donaubecken und zwar vornehmlich nach Siebenbürgen. Neben Fundverbänden einer besonders aufwendigen Ausstattungskategorie, kommen auch bescheidener ausgestattete Einzelgräber - vor allem Frauengräber - vor. Kleine Gräbergruppen sind ebenfalls vorhanden.

Im Rahmen der siebenbürgischen Entwicklung der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts sind die im Tal der Kleinen Somesch, bei Apahida und Someşeni entdeckten Fundverbände besonders aufschlußreich (Harhoiu 1997, 157 ff., 171.).

Die goldene Zwiebelknopffibel und der Siegelring, die auf diplomatische und politische Beziehungen mit dem byzantinischen Reich hinweisen und wahrscheinlich ein Foederatenverhältnis veranschaulichen, der goldene Armring mit verdickten Enden - eines der höchsten Rangabzeichen der (ost-)germanischen Sozialstruktur - oder die in spätrömischen Goldschmiedewerkstätten hergestellten Silberkannen (wahrscheinlich Teile des höfischen Tafelgeschirrs) aus dem ersten Grab von Apahida, die Beigabe von -vielleicht in Reichswerkstätten hergestellten (Arrhenius 1985, 119 mit Verbreitungskarte 1) - Prunkwaffen und prunkvollem Pferdegeschirr, von almandinverzierten Spielsteinen usw. aus dem zweiten, möglicherweise etwas jüngerem Grab von Apahida, erlauben die Zuweisung dieser zwei besonders exzeptionell ausgestatteten Gräbern an das gepidische (?) Könighaus (Harhoiu 1997, 154 f.).

Die gleiche Zuweisung gilt auch für den Schatzfund von Cluj-Someşeni. Hierfür sprechen der goldene, teilweise almandinverzierte Hals- und Handschmuck, die prunkvolle almandinverzierte Schnalle mit rechteckiger Beschlägplatte und vor allem das beeindruckende goldene almandinverzierte Pektorale. Das Stück, an dem Pendilien hingen ist byzantinisch und byzantinisch ist auch die Sitte Pendilienkreuze zu tragen (Harhoiu 1997, 155).

Neben Prunkgräbern kommen in Siebenbürgen in dieser Zeit auch weniger reich ausgestattete Grabfunde vor11, die alle zusammen vermutlich die gepidische Landnahme Siebenbürgens nach der Nedao-Schlacht widerspiegeln und einen spektakulären Einblick auf die soziale Gliederung der gepidischen Machtstruktur erlauben.

Der Fundstoff der späten Völkerwanderungszeit läßt sich im allgemeinen zwischen dem Ausgang des 5. Jh. und dem letzten Viertel des 7. Jhs. n.Chr. einordnen; historisch betrachtet würde das der Auswanderung der Ostgoten nach Italien und der Einwanderung der Slawen im unteren Donaugebiet einerseits und andererseits, der Kristallisierung des spätawarischen Khaganats und der Einwanderung der Protobulgaren in mittleren bzw. unterem Donaugebiet entsprechen.

Die Typologie des Fundstoffes ist uneinheitlich und drückt bestimmte, durch die verschiedenen kulturell-geographischen Arealen (Siebenbürgen als Teil des mittleren Donaubeckens, die Moldau und die Walachei als Teil des unteren Donaubeckens) bedingte Formgestaltungen aus. Die Diversität und nicht die Uniformität bildet eigentlich das Kennzeichen des Siedlungsbildes, der Bestattungssitten oder des Form- oder Verzierungsrepertoriums. Die für die frühe Völkerwanderungszeit significante prunkvolle Darstellungsweise, läßt sich extrem schwach und nur in frühawarischen Zusammenhängen belegen.

Das Verzichten auf die Beilegung in Grabgruppen oder in Einzelgräbern und das Abklingen der prunkvollen Darstellungsweise, wurde in Siebenbürgen im Laufe des 6. Jahrhunderts durch das Erscheinen von Gräberfeldern (Moreşti 81 Gräber), mit west-ost-orientierten Gräbern mit reduzierter Keramikbeigabe (gewöhnlich ein Topf) und mit Waffen- (Spathen, Saxe, Schildbuckel, dreikantige oder blattförmige Pfeilspitzen, Lanzen) und Gerätebeigabe (Hackmesser, Scheren) ersetzt. Kennzeichnend für die Beigabenstruktur sind kerbschnittverzierte oder mit Punktkreisen ausgeschmückten Bügelfibeln, Ohrringe mit massivem oder seltener auch durchbrochenem polyedrischen Endknopf, Adlerkopfschnallen, dazu noch Schnallen mit zellverzierter rechtwinkliger Beschlägplatte, ovale Schnallen meist aus Bronze oder zweireihige Kämme12. Der Fundstoff und die Bestattungssitten, weisen enge Beziehungen zum zeitgleichen Fundstoff des Theißgebietes und offenbaren ebenfalls den kulturellen Niederschlag der gepidischen Machtstruktur (Harhoiu 1999-2001, 125 ff.; 144 f.; 125 Abb. 13; 147 Abb. 19), wie sie eindrucksvoll durch die Verbreitung der Adlerkopfschnallen veranschaulicht wird (Bóna 1976, Abb. S. 20-21.). Den Schwerpunkt ihrer chronologischen Einordnung in das 6. Jh., bis zum Zusammenbruch des gepidischen Königreiches zu setzen, erscheint einleuchtend. Einleuchtend sind aber auch sowohl typologische Verwandtschaftsbeziehungen zum Fundstoff (z.B. Ohrringe mit polyedrischen Zierknopf, Struktur und Verzierungsweise der Fibeln) als auch zu den Bestattungssitten (Körperbestattung in westost-orientierten Gräbern, Waffenbeigabe) der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts. Das scheint auf eine kontinuierliche Entwicklung des vorangehenden Bestattungshorizontes hinzuweisen.

Die frühawarische Landnahme des Karpatenbeckens bewirkte auch in Siebenbürgen bedeutende Veränderungen. Neu angelegte aber auch weiterhin benützte Bestattungsplätze, weiterhin Waffenbeigabe, darunter auch neue Waffen (ein Spangenhelm, Pfeilspitzen mit Widerhacken), stärkere Keramikbeigabe doch weiterhin meist auf der schnellrotierenden Töpferscheibe hergestellte Töpfe aus grauer, rauhwandiger oder feiner Keramik mit geglätteter Verzierung oder mit Stempelverzierung, ein starkes Hervortreten der Gürteltracht (Riemenzungen, vollausgebildete Schilddornschnallen, byzantinische Schnallen, silbertauschierter Gürtelzubehör) und Abschwächung der Fibeltracht, Tierstil- und Zahnschnittverzierung, neue Ohrringtypen (darunter mit kugeligem oder mit sternförmigem Anhänger) dazu weiter noch die Beigabe von Gebrauchsgeräten (Scheren und Hackmesser) und von bisher nicht bekannten Preßblecharbeiten und Zaumzeugstücken, und auch von Pferden und Pferdeteilen, bestimmen den Inhalt dieser jüngeren Gruppe13. Durch die Gräberfelder von Bratei (Freundliche Mitteilung E. Zaharia.) und von Bistriţa (Gaiu 1992, 115-124.) kann diese Sitte auch im Kockel- bzw. Someschbecken dokumentiert werden, also in einem Gebiet in dem spätawarische Reitergräber bislang nicht belegt werden konnten.

Ich bin der Ansicht, daß hier ein Akkulturationsvorgang faßbar wird. I. Nestor sprach in seinen Vorlesungen über awarisierte Gepiden und selbst I. Bóna war im Jahre 1979 der Ansicht: “es begann in Spuren, anstatt der früheren gepidisch-merowingischen Kultur, eine neue Kultur von awarisch-germanischem Gepräge zu entstehen”14.

Aussagekräftig im Sinne eines Akkulturationvorganges scheinen vor allem die Gräberfelder von Gîmbaş (Horedt 1958, 95-100.) und vor allem das Gräberfeld 3 von Bratei zu sein, wo in Trachtposition sogenannte "slawische" Bügelfibel15, dazu noch Pferdegräber, Zaumzeugteile, Ohrringe (Csilinska 1975 IIB und VIIIB) Augenperlen u.a.m. identifiziert werden konnten. Die 12 Gräber von Gîmbaş enthielten Waffen, Zaumzeugteile und Pferdeknochen, Ohrringe (Csilinska 1975 IIB und VIIIB) und Augenperlen, was ihre frühawarenzeitliche Einordnung befürwortet. Für ihre Verwandtschaft mit dem jungen Reihengräberkreis spricht Grab III, das außer Perlen, Ohrringen mit sternförmigen Anhängern und einem Holzeimer noch zwei Fibeln Werner Typ IC enthielt; mit anderen Worten eine ähnliche Situation wie in Bratei oder auch Kölked , wo allerdings, wie ja im allgemeinen in Ostpannonien, bislang die sogenannten "slawischen" Bügelfibeln weitgehend fehlen. Hier, wie ja auch in den erwähnten siebenbürgischen Gräberfeldern scheint der Akkulturationsprozeß der Spätgepiden im vollen Gange zu sein und führte dann im Laufe des 7. Jahrhunderts zu ihrem endgültigen Verschwinden aus dem archäologisch erfaßbaren Bild.

Im Grab 121 des spätgepidischen Gräberfeldes von Noşlac, neben Glasperlen, einem silbernen Armring mit verdickten Enden und mehreren Silberringen mit gerippter Schlaufe, wie sie z. B. auch im spätgepidischen Gräberfeld von Band (Grab 29) vorkommen16, lag in der Beckengegend der Verstorbenen, eine äußerst abgetragene vergoldete kerbschnittverzierte D-3-zeitliche Silberschnalle mit rautenförmiger zweiteiliger Beschlägplatte, die in einem länglichen tierkopfähnlichen Knopf endet. Die, in die zweite Hälfte des 5. Jhs. getragene Schnalle wurde von Generation zu Generation weiter gereicht und mit ihr auch die Erinnerungen an die glorreichen Tage der frühen Völkerwanderungszeit.

Es läßt sich also im Bereich des Reihengräberhorizontes eine kontinuierliche Entwicklung, angefangen mit der zweiten Hälfte des 5. und bis um die Mitte des 7. Jahrhunderts nachweisen, die z.B. in Bratei auch im Fundbild nachweisbar ist (Abb. 17).

Zeitgleich mit diesem jüngeren Reihengräberhorizont, der sich als integrierender Teil der frühawarischen Machtstruktur offenbart, ist die sogenannte frühawarische Gruppe. Leider konnte der, durch die Beiträge von K. Horedt in den fünfziger Jahren dargestellte Forschungsstand, bislang nur unbedeutend ergänzt werden (Harhoiu 1999-2001, 130 f.). Auch auf dieser Basis wird aber deutlich, daß die frühere Gepidia, als ein Teil der Avaria betrachtet werden muß. Neben Zufallsfunden17, gehören hierzu eine ganze Reihe von Gräberfeldern aus dem Miereschbecken die vornehmlich durch Pferde- Pferdeteile- oder durch die Deponierung Zaumzeugstücke miteinander verbunden sind18. Das Fehlen von Kennzeichen der jüngeren Reihengräbergruppe, gestattet diese Gräberfelder in eine besondere Gruppe einzugliedern. Es ist weiter eindeutig, daß diese Gräberfelder durch Grabsitten und Beigaben ihre nächsten Entsprechungen in den frühawarenzeitlichen Gräberfeldern aus der ungarischen Tiefebene haben.

Interessant ist weiter der Umstand, daß diese extrem dynamischen archäologischen Darstellungsformen der zweiten Hälfte des 5. und bis zur Mitte des 7. Jahrhunderts, auch in Siebenbürgen kennzeichnend nur für dem, zum mittleren Donaubecken angehörendem Raum sind. Der südöstliche Teil Siebenbürgens, der durch den Alt(Olt)-fluß eigentlich zum unteren Donaubecken angehört, scheint von diesem Vorgang nicht betroffen worden zu sein. Die Grenze zwischen den unterschiedlichen kulturellen Ausdrucksformen scheint hier nicht von den Karpaten, von der beindruckenden Gebirgskette also, sondern von der Wasserscheide zwischen dem Miereschbecken, als Teil des mittleren und dem Alt, als Teil des unteren Donaubeckens, dargestellt zu sein (Abb. 18) 19.

Neben den Grabsitten wird das auch von dem Siedlungsbild veranschaulicht. Die siebenbürgischen Siedlungen der späten Völkerwanderungszeit waren unbefestigt20 und, wie im Falle von Moreşti, nicht besonders groß, eigentlich kleine Dörfer mit 10-15 zeitgleichen Gehöften, in denen pro Generation ungefähr 33 oder 50 Bewohner gelebt haben dürften (Horedt 1979, 198.).

Die Struktur der Wohnbauten läßt drei Grundtypen erkennen.

In Moreşti und Porumbenii Mici wurden ausgedehnte Kieslager bzw. Konzentrationen von Geröllsteinen als Reste der Innenfläche von Oberflächenbauten gedeutet. Auch in der Siedlung 1 von Bratei wurden Oberflächenbauten identifiziert, die hier als Wirtschaftsbauten gedeutet wurden (Bârzu 1994-1995, 241 f.).

Während in Moreşti, Bratei, Cipău, usw. eingetiefte Hütten geborgen wurden, die sich vornehmlich durch eine Pfostenbaukonstruktion und das Fehlen von Herden kennzeichnen und die, ausgehend von der Sachlage in Moreşti, als Wirtschaftsgebäude gedeutet wurden21, konnten auch Pfostenbauten mit Herden identiziert werden22. In allen diesen Fällen bildete die auf der schnellrotierenden Töpferscheibe hergestellte rauhe Keramik ein Kennzeichen des Inventars, dazu noch feine Keramik mit geglätteten Muster oder mit Stempelverzierung (Harhoiu 1999-2001, 109 Taf. II/ 2, 4.). Wichtig für die kulturelle Einordnung dieser Wohnbauten, ist aber ihre Existenz, bei einem noch spärlichen Forschungsstand, auch in der Theißebene und auch in Ostpannonien, in einem mit dem siebenbürgischen Fundgut eng verwandten Kontext (Bóna 1990, 87; Kiss 1992, 60.).

Ein dritter Typ von Wohnbauten, der an verschiedenen Fundstellen des Kockel-Beckens oder auch des Mierechbeckens belegt werden kann23, wird durch in Blockbauweise errichtete Hütten dargestellt, die durchgängig mit Steinherden versehen worden waren. In ihrem Inventar spielte die “schlechte” handgearbeitete, mit Einkerbungen verzierte Keramik, vertreten durch Backteller oder einfache Töpfe vom Prager Typ usw., eine entscheidende Rolle (Harhoiu 1999-2001, 109 Taf. I/ 8.). Die relativchronologische Beziehung zwischen den beiden Typen von Wohnbauten (z.B. in Sf. Gheorghe, bei Cipău: Horedt 1986, 91) konnte auch in Sighişoara geklärt werden: die älteren Wohnbauten mit Pfostenkonstruktion, waren von den jüngeren, in Blockbauweise errichteten Wonhbauten mit Steinherd angeschnitten (Unveröffentlichte Grabungen: Gh. Baltag, R. Harhoiu). Diese Gruppe scheint enge Verbindungen zur Moldau und Walachei aufzuweisen. Es ist denkbar, daß diese Gruppe in Südostsiebenbürgen, also im Becken des, zum unteren Donaubecken angehörenden Alt(Olt)flußes, chronronologisch schon während der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts und in den anderen Gebieten, erst nach dem Ausklingen des Reihengräberhorizontes, möglicherweise während der zweiten Hälfte des 7. Jhs. verankert werden kann. Veränderte Wohnweise (Wohnbauten in Blockbau mit Herd) und grundlegend veränderte Technologie in der Keramikherstellung, könnten auch auf slawische Bevölkerungsgruppen hinweisen. Auch hier läßt sich die Tendenz des unteren Donaubeckens spüren, die Karpatenlinie übergreifend, das ihr angehörende Alt(Olt)tal kulturell zu integrieren.

Es scheint so, als ob die etwas lose Struktur dieser Gruppe erst im Zuge der Reorganisation der spätawarischen Machtstruktur ein festes Gefüge bekommen hat und erst dann, als integrierender Teil dieser Struktur, als Mediasch-Gruppe, sich auch durch die Grabsitten (birituelle Gräberfelder mit dominierender Brandbestattung) deutlich erkennbar wird (Horedt 1976.). Auch wenn im Siedlungsbild bestimmte Beziehungen zwischen dem siebenbürgischen Becken und dem unteren Donaubecken feststellen lassen (in Blockbau und durchgehend mit Steinherden errichtete Hütten), ist es in diesem Zusammenhang unerlässlich hervorzuheben, daß die südöstliche Grenze des Grabsittenbildes der Spätawarezeit in Siebenbürgen (Körpergräberfelder mit Pferde- oder Zaumzeugdeponierung und birituelle Gräberfelder mit vorherrschender Brandbestattung), wieder von der schon oben angesprochenen Wasserscheide zwischen dem Mureşbecken als Teil des mittleren und dem Olt, als Teil des unteren Donaubeckens dargestellt ist. Das alles gehört aber den Greifen und soll hier nicht mehr weiter behandelt werden.

Weitgehend unterschiedlich ist das Bild im unteren Donaugebiet. Angefangen mit Anastasius und vornehmlich unter Justinian wurde der donauländische limes wieder restauriert (Vulpe, Barnea 1968, 410 f., 420-429.). Im Zuge der Reorganisierung und Wiederherstellung des limes wurden auf dem nördlichen, kleinwalachischen Donauufer, nur die ehemaligen, Anfang des 5. Jahrhunderts zerstörten spätrömischen Festungen von Sucidava und Drobeta instand gesetzt, dazu noch die Festung auf der Insula Banului errichtet (Toropu 1976, 35 f.). Ursache dieser tiefgreifenden Maßnahmen war einerseits die justinianische Reconquista, andrerseits der Druck der im unteren Donaugebiet neu eingewanderten Barbaren, vornehmlich die aus den Quellen bekannten Slawen (Curta 2001.). Die Pression der slawischen Machstruktur war gewaltig24 und führte letztendlich am Ausgang des 6. oder Anfang des 7. Jahrhunderts, zum Zusammenbruch des byzantinischen Grenzsicherungssystems (Sâmpetru 1971.).

Außerhalb der Karpaten wurden für diese Zeit zwei archäologische, eigentlich eng verwandte Kulturgruppen identifiziert: in der Moldau die sogenannte Costişa-Botoşana- Kultur, in der Walachei, die Ipoteşti-Cândeşti-Kultur (Abb. 18) 25.

Wenn in den moldauischen Siedlungen, eigentlich Dörfer mit bis zu 20, um -0,40 m eingetiefte in Blockbau (z. B.: Davideni: Mitrea 2001, 297 Abb. 37, 298 Abb. 38, 299 Abb. 39 usw.) aber auch in Pfostenkostruktion (z. B. in Botoşana: Teodor 1984, 88 Abb. 9, 89 Abb. 10.) errichtete Hütten mit Steinherden kennzeichnend sind (Abb. 19), scheinen in die Walachei die ähnlich gebauten Hütten26, mit "Lehmöfen", manchmal auch mit, als wahrscheinlich als Heizkörper benützte "Tonbröttchen oder Tonklumpen (Stanciu 1998.), das Bild zu beherrschen (Abb. 20/ B) . Auch in diesem Bereich wird ein Unterschied zu Siebenbürgen faßbar, wo die Anwesenheit solcher zeitgleichen Heitzanlagen eine Ausnahme darstellt und wie angedeutet, erst im Laufe der fortgeschrittenen ersten Hälfte des 7. Jhs. auftauchen.

Im Bestattungsbild dominiert die Brandbestattung. Anschauliches Beispiel ist dafür das Gräberfeld von Sărata Monteoru mit seinen über 1500, noch immer unveröffentlichten Gräbern, von denen die Mehrzahl Brandgrubengräber sind. Die Beigaben: Glasperlen, vor allem frühawarenzeitliche Augenperlen, dann sogenannte "slawische" Bügelfibeln, Ohrringe mit sternförmigem Anhänger, byzantinische Schnallen (vom Typ Papa oder Corinth) u.a. m. erlauben eine chronologische Einordnung während des sechsten und der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts. Auffallend sind dabei die chronologischen Parallelen auch zu dem jungen Reihengräberkreis aus Siebenbürgen (Abb. 21) (Dazu noch immer: Fiedler 1992, 74-88.).

Wenn die slawische Zuweisung dieses Horizontes eigentlich kein Problem sein kann, so sind die Paar zeitgleichen Körpergräber (Pruneni, Ceptura: Fiedler 1992, 88.), darunter möglicherweise auch der (zweite) "Schatzfund" von Coşovenii de Jos (Nestor, Nicolăescu-Plopşor1938.), mit seiner, in Zahnschnitt und Nachahmung des zweiten germanischen Tierstils ausgeschmückten Fibel (Abb.22/ B, 21), schwerer ethnisch zu deuten. Sie mögen einen ostgermanischen Charakter veranschaulichen, historisch erklärbar durch die Zersplitterung der gepidischen Machtstruktur nach der frühawarischen Landnahme.

Das relativ abundante Fundmaterial aus der Moldau und aus der Walachei: Fibeln mit Scheinumwicklung des Bügels, "slawische" Bügelfibeln, byzantinische Schnallen, dazu noch Geräte, unter anderm auch Gußformen, erlauben die chronologische Einordnung in das sechste und während der ersten Hälfte des 7. Jhs (Abb. 22).

Wichtige Veränderungen lassen sich in den östlichen Gebieten auch in der Keramik feststellen, am anschaulichsten durch das Auftauchen einer qualitativ schlechten handgearbeieteten, mit Einkerbungen verzierten Keramik östlichern Ursprungs, vertreten durch Backteller oder einfache Töpfe vom Prager Typ usw. (Abb. 23/ A1-B1).

In diesem Zusammenhang scheint die auf der schnellrotierenden Scheibe hergestellte rotbraune Keramik mit eingeritzter Verzierung, die in keiner Beziehung zu dem Formengut der SMK steht und in Siebenbürgen schwach vertreten ist, eine Folge des frühbyzantinischen technologischen Importes zu sein und kann somit keine ethnische (eventuell romanische) Aussagekraft ausdrücken. Extrem schwach ist hier die, für Siebenbürgen so typische graue körnige Ware und weitgehend abwesend die graue und vollkommen die schwarze, geglättete oder gestempelte, auf der schnellrotierenden Scheibe hergestellte Keramik (Abb. 23/ A2-B2).

Im archäologischen Kulturbild der Moldau und der Walachei sind auffallend osteuropäischen Kennzeichen, die sich sowohl in der Wohnweise, in den Bestattungssitten als auch im Fundstoff ausdrücken und ethnisch betrachtet als eine Ausdrucksform der slawischen Wanderung zur Unteren Donau, der slawischen Machtstruktur zu betrachten ist27. Das nördliche Donauufer wurde bis zum Zusammenbruch des limes, eine ripa slavica, während dann in der Nachfolgezeit, die Donau ihre jahrhundertlange Rolle als (befestigte) Abgrenzungslinie der mediterranen Hochkultur zur barbarischen Welt ausgespielt hat.

Die protobulgarische Landnahme des unteren Donaugebietes im letzten Viertel des 7. Jahrhunderts hat der Donau wieder ihre, in der vorgeschichtlichen Entwicklung immer wieder als Verbindungsbrücke des nördlichen und südlichen Beckens tragende Bedeutung zurück verliehen (Fiedler 1992, 343 ff, 335 Abb. 115.).

Die spektakulären historischen Erreignisse an der unteren Donau während der späten Kaiserzeit und der Völkerwanderungszeit offenbaren den gewaltigen Dynamismus der „großen Geschichte“ und haben ihren archäologischen Niederschlag in einer, manchmal exceptionellen Expressivität gefunden. Doch hat die untere Donau während dieser ganzen historischen Zeitspanne, eine mehr oder weniger elastische Abgrenzung zwischen der barbarischen Welt und der mediterranen antiken Hochkultur gebildet.

Die im nördlichen Becken der unteren Donau nachweisbaren archäologischen Kulturgruppen, weisen prägnant östliche Beziehungen auf und geben dem archäologischen Bild ein eigentümliches Gepräge. Einflüsse dieser Darstellungsformen lassen sich auch innerhalb der Karpaten nachweisen, doch überschreitet nur in extremen Fällen ihr Ausstrahlungsvermögen die Wasserscheide zwischen dem unteren und mittleren Donaubecken. Der nach Westen außerhalb dieser Grenze liegende siebenbürgische Raum, vernaschaulicht, archäologisch betrachtet, enge Verbindungen mit den Darstellungsformen des mittleren Donaubeckens.

Der Zusammenbruch des limes von der unteren Donau, hat die Abgrenzung zwischen zwei Welten entfernt, während dann die protobulgarische Landnahme der Donau ihre Rolle als Symmetrieachse eines geomorphologisch, eigentlich verwandten Raumes zurückerstattet wurde (Abb. 24).

 
Note
1 Dieser Text wurde ist eine Variante des Vortrages der beim 15. Internationalen Symposium für Grundprobleme der frühgeschichtlichen Entwicklung im mittleren Donauraum: “Wasserwege: Trennungsadern-Lebenlinien” in Schleswig Schloß Gottorf (30.11.02-4.12.02) vorgeführt.
2 Eunapios frag. 22, 1; möglicherweise wurden diese Unruhen von aus dem Osten, im unteren Donaugebiet sickerten Völkergruppen, „den Hunnen vor den Hunnen“ bewirkt; einen archäologischen Hinweis dazu könnten die Waffen tragenden Gräber des Gräberfeldes 2 von Pietroasa darstellen: Harhoiu 1988, 86 f.
3 Wolfram 1979, 69f, 74, 80; schon unter Julian wurden bedeutende Maßnahmen zur Befestigung der Donaulinie unternommen: Harhoiu 1988, 87 Anm. 36.
4 Neben dem Frauengrab von Buhăieni, das unter anderem ein prächtiges, mit Cabochoneinlagen geschmücktes, wohl östliches Diadem barg, oder dem goldenen, in Zelltechnik verzierten Riemenverteiler aus einem Zufallsfund (Grab?) von Măriţeia oder dem Schatzfund von Botoşani aus der Nordmoldau mit solidi des Arcadius (395-408), drei Silberlöffel und Silbergefäße: Harhoiu 1997, 168, 179, 165.
5 Z. B. aus den walachischen Zufallsfunden von Ioneşti, Desa oder aus den spätrömischen Festungen von Sucidava und Hinova: Harhoiu 1997, 178, 173, 168 f.
6 Aus den großwalachischen Grabfunden mit artifizieller Schädeldeformation von Dulceanca und Gherăseni - hier zusammen mit einem Spiegel mit Zentralöse, ähnlich dem Bruchstück aus Sucidava: Harhoiu 1997, 173, 176, 168.
7 In einer, möglicherweise von Iulian Apostata abhängigen - Goldschmiedewerkstatt Kleinasiens (vielleicht Antiochia) oder in einer ägyptischen Werkstatt: Harhoiu 1997, 120 ff., 124 ff., 127 ff.
8 Ein Ösenhalsring aus Buneşti, eine Schuhschnalle und ein Fingerring aus Braşov : Harhoiu 1997, 168, 165.
9 Barbarenschmuck und Römergold. Der Schatzfund von Szilágysomlyó. (Ausstellungskatalog; Hsg. W. Seipel). Wien 1999.
10 Eine cloisonnierten Schnalle mit nierenförmigem Beschläg aus einem Zufallsfund von Buzău; eine kleine, gegossenen Fibel mit umgeschlagenem Fuß aus einer, derzeit nicht genauer benennbaren Siedlungsschicht aus Tîrgşor (Große Walachei) und einer Schnalle mit gekerbtem Bügel aus Cioroiul Nou (Kleine Walachei):Harhoiu 1997, 168, 191, 170.
11 Z..B. im Tal der Großen Kockel die Grabfunde bei Bratei oder Sighişoara, in der Umgebung von Sibiu bei Slimnic dann bei Cepari und Soporu de Câmpie: Harhoiu 1997, 165 ff., 187 f.,169, 168.
12 Harhoiu 1999-2001, 117 Taf. II/ 1-2, 9-13, 15, 16; 118 Taf. Taf. III/ 1-3; 128 Taf. IV/ 1, 3-4, 7a-d.
13 Harhoiu 1999-2001, 127 ff.; 145 f.; 125 Abb. 13; 147 Abb. 19.; 109 Taf. I/ 5; 117 Taf. II/ 3-8, 14, 17-21; 118 Taf. III/ 4-27; 128 Taf. IV/ 2, 5-6, 8b, 9-10, 11-12,. 17-19.
14 Bóna 1979, 45; hierfür würde unter anderem auch der pannonische Befund von Kőlked-Feketekapu A sprechen, nämlich vor allem die sechs hier identifizierten frühawarischen Pferdegräber, obwohl hier das Schwergewicht mehr auf die “richtigen” Awaren gelegt: Kiss 1996, 291f
15 Werner 1950, 153 (Typ IC): Gräber 113, 130; 153 (Typ ID): Gräber 211, 255; 154 (Typ IG): Grab 167.
16 Das Grab von Noşlac ist unveröffentlicht, siehe Harhoiu 1997, 181; Für Band (Mezöband): Kovács 1915, 309 Abb. 30, 12-14.
17 Alba Iulia (Harhoiu 1999-2001, Katnr.: 3i); Corund (ebd., Katnr.: 29 und 128 Taf. IV/ 17-18); Dumbrăveni (ebd., Katnr.: 38 und Taf. 128 IV/ 19); Rodbav (ebd., Katnr.: 75); Rupea (ebd., Katnr.: 76 und 117 Taf. II/ 19); Şura Mare (ebd., Katnr.: 93 und 117 Taf. II/ 18); Turda (ebd., Katnr.: 98d und Taf. 117 II/ 7b); dazu noch das Steigbügelpaar von Tîrnăveni (aus einem Brandfund?: ebd., Katnr.: 98 und 128 Taf. IV/ 10a) oder aus einem unbekannten siebenbürgischen Zufallsfund ein goldener Ohrring vom Typ Szentendre (ebd., 58 und 117 Taf. II/ 8).
18 Aiud, Lopadea Nouă, Măgina, Stremţ, und Şpălnaca: ebd., Katnr.: 1; 58; 60; .85; 92.
19 Das dieser Umstand grundlegend bedeutend war, wußten es auch die Römer. Sowohl durch die Reorganisierung der Provinz Dacia durch Hadrian, als auch durch Marcus Aurelius wurde das Oltbecken der Dacia Inferior, bzw. der Dacia Malvensis zugewiesen: Petolescu 1987.
20 Horedt: 1986, 42-46; In der Forschung hat diese Hypothese wenig Anklang gefunden. Schon 1961, Comşa, 1961, 611-616, ein völkerwanderungszeitliches Befestigungssystem der Siedlung von Moreşti abgelehnt. Das Fehlen von Siedlungsspuren zwischen den ersten zwei Befestigungslinien, die Lage des Gräberfeldes aber auch eines für die Tierhaltung benützbaren Raumes an dieser Stelle und die Unmöglichkeit einen, für solche Anlagen notwendigen Aufwand zu organisieren waren die wichtigsten Gegenargumente. Während M. Comşa die Errichtung der Befestigungslinien von Moreşti in frühmittelaltterliche Zeit setzt, betrachtete Nestor 1964, 398, die Befestigunslinien von Porumbenii Mici als prähistorisch. Beim jetztigen Forschungsstand und ohne in diesem Zusammenhang Detailfragen erörtern zu können, kann man zusammen mit Bóna 1976, 30, annehmen, daß “ein Teil der siebenbürgischen Gepidensiedlungen, u.a. auch die oben erwähnte Siedlung von Moreşti, … von urzeitlichen Erdwällen geschützt [war]”.
21 Horedt 1979, 88-117; Horedt 1986, 38ff : siehe auch Bârzu 1994-95, 239-295, wo auf das weitgehende Fehlen von Herden in der Siedlung 1 hingewiesen wird.
22 Siedlungsgrabungen in Sighişoara: Baltag 1982, 45 Abb. 1; Dipşa: Gaiu 1993, 97 Abb. 2 u. 101 Abb. 6/ 1-9 und ausnahmsweise auch in Bratei, Hütte 35: Bârzu 1994-95, 264.
23 Im Kockeltal: Sighişoara, Filiaş, Sălaşuri; im Mureştal: Moreşti, Sf. Gheorghe bei Cipău: Harhoiu 1999-2001, Katnr.: 41; 78; 66; 80.
24 Zu den slawisch-byzantinischen Auseinandersetzunge, die öfter in Konkordanz mit awarischen südlich der Donau unternommenen Raubzügen stattgefunden haben: Fiedler 1992, 5-18.
25 Teodor 1978, 11-67; Dolinescu-Ferche 1984; das heißt: Ipoteşti-Wenn-du-bist“ oder auch Ipoteşti "când nu eşti" (Ipoteşti-wenn du nicht bist), wie J. Werner es einmal, Entrüstungsstürme in der Forschung auslösend, pointiert formuliert hat: Freundliche Mitteilung Gh. Diaconu.
26 in Dulcenca in Blockbau: Dolinescu-Ferche 1974, 84, Abb. 83, 88 Abb. 93; in Gropşani-Gura Gurgotei mit Pfostenkosntruktion: Popilian, Nica, 1998, 14-36, 156 Abb. 4, 157 Abb. 5..
27 Zusammenfassend zur Fragestellung, doch mit teilweise unterschiedlicher ethnischer Interpretetation: Teodor 1978 (Moldau); Dolinescu-Ferche 1984 (Walachei); Curta 1994; Curta 2001.